Geschichte der evangelischen Kirchengemeinde Rypin

Rypin war bis 1938 mit der Gemeinde Michałki verbunden. In diesem Jahr wurde die Parochie in die beiden selbständigen Kirchspiele Michałki und Rypin geteilt. Die Bestrebungen zur Verselbständigung Rypins datierten bereits in die zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Sie setzten einerseits damit ein, daß die 1864 geplante Verlegung des Pfarrsitzes von Michałki nach Rypin 1888 durchgeführt wurde. Andererseits wies in die gleiche Richtung einer Trennung von Michałki der im Jahr 1888 fertiggestellte Bau der evangelischen Kirche in Rypin. Da die traditionsbewußten und auf ihr seit 1784 bestehendes Kirchenwesen bedachten Michalker Gemeindeglieder den Rypiner Glaubensgenossen nicht nachstehen wollten, errichteten sie 1935-1937 eine neue Kirche und auch ein neues Pfarrhaus. Und so brachte es die Entwicklung mit sich, daß sich die Tochtergemeinde Rypin von ihrer Muttergemeinde Michałki lösen und mit Ernst Waldemar Krusche als Pastor verselbständigen konnte.

Unter den Dörfern der Rypiner Parochie nahm das 12 km vom Pfarrort entfernte, im Jahr 1770 gegründete Oborki mit seinem Lehrer und Kantor Gustav Prill einen besonderen Platz ein. Von 1719 Kantoratsschule und seit 1893 staatliche Elementarschule, hatte Prill in den Jahren 1922-1926 um ihren evangelischen und deutschen Charakter zu kämpfen. Dank seines Einsatzes konnte die gefährdete Schule gerettet und eine Kapelle sowie ein neues Schulgebäude erbaut werden. Mit eigenen Mitteln — die Schulgemeinde Oborki besteuerte sich mit 15 Zł vom Morgen — und auswärtigen Spenden kam der ansehnliche Betrag von 60.234 Zł zusammen. Der Nobelpreisträger Thomas Mann, an den sich Prill auch wandte, überwies 2.000 Zł zum Schulbau und fügte sein Bild mit einer Widmung bei. Nach Vollendung des Schulbaues hing im Klassenzimmer u.a. das Bild Thomas Manns, wozu der Schulinspektor seine Erlaubnis gegeben hatte. Am 25. Oktober 1931 wurde in Oborki das Glaubenswerk des evangelischen Lehrers und Kantors Prill unter Beteiligung von etwa l.000 Personen eingeweiht. Die Schule hieß fortan die „Schule mit dem Nobelpreis“. Erst als 1939 das Dobriner Land dem Gau Danzig-Westpreußen angegliedert wurde, mußte Prill auf Befehl der deutschen Behörden das Bild Thomas Manns entfernen. Außer Oborki lagen im Bereich der ehem. Kirchengemeinde Michałki-Rypin noch 29 evang. Schulen. Nach der Teilung verblieben bei Rypin: Cetki, Somsiory, Skudzawy, Tomaszewo, Trombin und Zbojenko.

Schon seit 1801 war der Wunsch nach einer Kirche in Rypin lebendig. Doch erst die am 12. Oktober 1879 stattgefundene Gemeindeversammlung in Michałki faßte den Beschluß über die Erbauung einer Kirche in Rypin. Am 26. Januar 1878 kaufte man den sogenannten Garten des Templerordens, 5 Morgen und 95 Quadratruten groß, zum Kirchbauplatz. Außerdem erwarb die Gemeinde noch zur Abrundung des Platzes 18 Quadratruten für 640 Rbl. Die Grundsteinlegung des Gotteshauses fand am 31. Mai 1882 und seine Einweihung durch Bischof von Everth am 10. Juni 1888 statt. Der Kirchbau dauerte sechs Jahre. Nach Verlegung des Pfarrsitzes von Michałki nach Rypin im Jahre 1888 wohnten hier die Pastoren. Seit Januar 1895 wurden die Standesamtsbücher in Rypin, vordem in Michałki, geführt. 1901/02 erbaute Pfarrer Robert Gregor Gundlach das Pfarrhaus. Als Bauplatz zum Pastorat kaufte die Gemeinde schon im Jahre 1893 ein neben der Kirche gelegenes Grundstück mit Gebäuden, die vorübergehend als Pfarrhaus u. a. gedient hatten. 1911 spendete Michael Wunsch aus Trombin 1.000 Rbl für eine Kirchenuhr, die aus Prag bezogen wurde. Letzter Pastor von Michałki-Rypin vor 1939 und erster der selbständigen Gemeinde Rypin war Ernst Waldemar Krusche. Unter seiner Leitung beging die Rypiner Parochie am 12. Juni 1938 das 50jährige Jubiläum ihrer Kirche. Ebenso widmete er sich mit ganzer Tatkraft der Errichtung des neuen Gotteshauses in Michałki, das 1935-1937 erbaut und am 18. Oktober 1937 eingeweiht wurde.

Die Erweckungsbewegung in der Rypiner Gegend ging auf den sehr ernsten und frommen Lehrer Adam Skowroriski zurück, der zu Beginn des Ersten Weltkrieges starb. Die sogenannten Pfingstler hatten ihren Mittelpunkt im Dorfe Przyrowa mit Kapelle, Friedhof und Wohnung für den Prediger. Die Baptisten besaßen bereits 1888 zwei Betsäle — in Rypin und Wrzeszewo. Im Jahre 1895 errichteten sie statt in Rypin eine Kapelle in Glowinsk. Zuletzt verschob sich das Zentrum der Baptistengemeinde nach Tomaszewo, wo im Ersten Weltkrieg eine große Kapelle mit einer Wohnung für den Prediger erstellt wurde. Letzter Pastor in Rypin war vom 1. März 1940 Hugo Schmidt, der bis zum Zusammenbruch 1945 der Gemeinde mit Liebe und Besonnenheit gedient hat. 1969 wurde auf dem Treffen der Rypiner Landsleute in Hannover ein Heimatkreisausschuss, zunächst für den Kreis Rypin, gebildet.

Der Gemeinde gehörten im Jahr 1938 nach der Teilung mit Michałki 5.000 Seelen an.

Quellen:
Kneifel, Eduard: Geschichte der Evangelisch-Augsburgischen Kirche in Polen, Niedermarschacht über Winsen an der Luhe 1962
Kneifel, Eduard: Die Pastoren der Evangelisch-Augsburgischen Kirche in Polen, Eging, Niederbayern 1970
Kneifel, Eduard: Die evangelisch-augsburgischen Gemeinden in Polen 1555-1939, Vierkirchen über München 1971


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Evangelische Kirchengemeinde Rypin

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