Die Anfänge der evangelisch-lutherischen Gemeinde zu Pabianice reichen in das erste Jahrzehnt des 19. Jahrh. zurück. Zu südpreußischer Zeit, um 1803, betrug die Zahl der Evangelischen in und um Pabianice etwa 1000, für die Gottesdienste von dem in Petrikau stationierten Feldprediger Schramm u. a. im Pabianicer Magistratsgebäude gehalten wurden. Um 1820 kamen die ersten Tuchmacher nach Pabianice. In seinem näheren bzw. weiten Umkreis etablierten sich 27 evangelische Dörfer als Grundstock einer späteren Pfarrgemeinde. Die wichtigsten von ihnen waren: Markówka (Hochweiler; gegr. 1803/1806) 2), Bukowiec (Königsbach, gegr. 1803/1806) 3), Starowa Góra (Effingshausen, 1803—I805), am Fuße des Graberhügels von Rzgöw gelegen, Olechów (um 1790), Rydzyny (um 1790 ), Rokicie, Ruda, Kolonie Czyżemin und Dorf Czyżemin. Die Siedlung Neu-Czyżemin (um 1918 Czyżeminek) entwickelte sich zwischen 1780-1800. Der Grundherr N.Węgliński verkaufte 22 Hufen an 44 deutsche und polnische Landsuchende. 1857 wurde Czyżemin zum ersten Mal als Kantorat erwähnt.
Die industrielle Entwicklung von Pabianice prägten entscheidend zwei Persönlichkeiten: Benjamin Krusche und Rudolf Kindler. Der im J. 1830 aus Reichenau i. Sa. nach Pabianice eingewanderte Benjamin Krusche begründete die Firma Krusche und Ender, die vor dem Ersten Weltkrieg etwa 4000 Arbeiter beschäftigt hat. Zur zweitgrößten Firma in der Stadt entwickelte sich seit 1850 die von Rudolf Kindler, die 1913 2000 Arbeitnehmer zählte. Weitere Unternehmen waren die Papierfabrik von Oskar Saenger, die Chemische Fabrik von Schweikert und Fröhlich u. a. Nach dem Ersten Weltkrieg kamen noch weitere Firmen hinzu. Mit dem industriellen Wachstum stieg die Einwohnerzahl der Stadt,1827 waren es 2.000, um 1850 bereits 4.000, 1913 schon 45.000 und 1939 über 50.000.
Die am 27. September 1818 stattgefundene Gemeindeversammlung beschloß die Bildung einer evangelischen Parochie zu Pabianice und die Berufung von Samuel Friedrich Jäckel aus Zduny, Prov. Posen, zum Ortspastor. Die Zahl der Evangelischen in Stadt und Land schätzte man damals auf etwa 1400. Pfr. Jäckel amtierte nur 1820-1821. Mit seinem Weggang scheiterte, wie schon vorher zu südpreußischer Zeit, der Versuch einer Parochialgründung. Inzwischen verhandelten die Vertreter der evangelischen Bevölkerung mit der Regierung über die Bildung einer lutherischen Gemeinde in Pabianice, wozu behördlicherseits am 2. April 1827 die Genehmigung erteilt wurde. Noch im gleichen Jahr begann die Parochie den Bau der Kirche, die sie im J. 1830 vollendete. Das hölzerne Pfarrhaus erbaute man bereits 1828. Schon 1827 trat die Pfarrstelle der aus Schlesien gebürtige Pastor Gottfried Hayn an, der bereits im April 1828 verstarb. Pfarrer Daniel Gottlieb Biedermann und seine beiden Nachfolger, die Pastoren Reinhold Wilhelm Zimmer und Rudolf Moritz Schmidt wirkten hier jedoch über Jahrzehnte.
Pfarrer Biedermann hielt außer in Pabianice noch Gottesdienste in Königsbach 9mal jährlich, in Olechow 3mal und in Effingshausen 2mal. Im Jahr 1864 waren in das Kirchspiel 780 evangelische Familien mit 3000 Seelen eingemeindet. Pastor Zimmer baute in den Jahren 1875-1876 die kleine und bescheidene Kirche um und erweiterte sie durch die Errichtung eines zweiten Chores und den Anbau eines Turmes.
Zimmer, pädagogisch begabt und stark interessiert, gründete neue Schulen, beaufsichtigte und förderte sie. In Anerkennung seiner Tätigkeit auf schulischem Gebiet zeichneten ihn die russischen Behörden aus. In Pastor Rudolf Schmidt, der Ende 1896 nach Pabianice kam und hier bis zu seinem Tode im Jahr 1938 blieb, erhielt die Parochie einen prägenden Pfarrer. Im Jahr 1902 erbaute Pastor Schmidt das neue Pfarrhaus und 1903 das evangelische Gemeindehaus als Zentrum der Inneren Mission. Am 4. Advent 1909 wurde das Evang. Greisenheim eingeweiht. Im Jahr 1927 spendeten Fam. Ender, Felix Krusche und seine Frau sowie Oskar Saenger aus Warschau drei neue Glocken. Vom 11. bis 13. Juni 1927 beging das Kirchspiel sein l00jähriges Jubiläum. Am11. Dezember 1927 wurde die Arbeiterkolonie Czyżerninek bei Pabianice eingeweiht. Im ersten Jahr ihres Bestehens beherbergte sie 21 Obdach- und Arbeitslose. 1929 wurde eine Diakonusstelle eingerichtet. Am 2. Juni 1929 weihte Pfarrer Schmidt in Kalino das neue Schul- und Bethaus ein und 1934 wurde eine Sterbekasse gegründet, der nach vier Jahren schon 528 Mitglieder beigetreten waren. Am 24. April 1937 feierte Pastor Schmidt unter starker Beteiligung der Gemeinde sein 50jähriges Amtsjubiläum.
Im Jahr 1936 wurde das neue Bethaus in Zofjówka eingeweiht. Das Kantorat, aus sechs Dörfern mit 40 Familien bestehend, besaß seit 1860 ein altes Bethaus, das auf einem Grundstück der politischen Gemeinde erstellt war. Pastor Horn regte den Bau eines gemauerten Bethauses an. Am 24. August 1938 feierte das Kantorat Czyżeminek, das kleinste der Parochie, das 25jährige Jubiläum seines Bethauses. Hier befand sich auch die von Pastor Friedenberg, Prażuchy, gegründete Arbeiterkolonie.
Quellen:
Kneifel, Eduard: Geschichte der Evangelisch-Augsburgischen Kirche in Polen, Niedermarschacht über Winsen an der Luhe 1962
Kneifel, Eduard: Die Pastoren der Evangelisch-Augsburgischen Kirche in Polen, Eging, Niederbayern 1970
Kneifel, Eduard: Die evangelisch-augsburgischen Gemeinden in Polen 1555-1939, Vierkirchen über München 1971
